26.02.2024

Der Einfluss der LRI-Beobachtungen auf GRACE-FO-Schwerefeldmodelle

© Filmhaus Berlin / GFZ

Die kontinuierliche Vermessung des Abstands der beiden GRACE-Satelliten ist die primäre Beobachtung zur Vermessung von zeitlichen und räumlichen Veränderungen des Schwerefeldes. Auf GRACE und GRACE-FO beruhte dies bzw. basiert aktuell primär auf Mikrowellentechnik. Auf GRACE-FO wurde zusätzlich erstmals ein Laser Ranging Interferometer als Technologiedemonstrator für künftige Schwerefeldmissionen betrieben. In diesem Artikel werden einige Ergebnisse der bisherigen Auswertungen am GFZ mit beiden Techniken vorgestellt und diskutiert.

Dr. Markus Hauk, GFZ

 

Das Laser Ranging Interferometer (LRI) wurde als Technologiedemonstrator auf der aktuellen Satellitenschwerefeldmission GRACE-FO integriert. Wie es bereits bei GRACE der Fall war, ist das primäre Messinstrument zur Abstandsmessung auf GRACE-FO das Mikrowelleninstrument, welches im K- und Ka-Band misst und auch oft als K-Band Ranging (KBR) Instrument bezeichnet wird. Die Messgenauigkeit des KBR liegt dabei im Bereich von wenigen Zehntel Mikrometern. Daneben misst das LRI ebenfalls den Abstand zwischen den beiden Satelliten, wobei die Messgenauigkeit in etwa um den Faktor 1000 höher liegt, also im Nanometerbereich. Somit liefern beide Instrumente parallel hochgenaue Abstands- bzw. abgeleitete Abstandsänderungsmessungen, um auf zeitliche und räumliche Änderungen im Erdschwerefeld rückschließen zu können. Hierbei liegt der primäre Fokus auf Massenänderungen in den polaren Eisschilden sowie auf Variationen im kontinentalen hydrologischen Wasserhaushalt. Die Abstandsmessungen bzw. abgeleitete Schwerefeldmodelle liefern demnach direkt Rückschlüsse auf klimatische Veränderungen auf der Erde.

Das LRI wurde kurz nach dem Start der GRACE-FO Mission am 11. Juni 2018 aktiviert und arbeitet seitdem einwandfrei. Bis einschließlich Juni 2023 wurden die Abstände, mit wenigen kleineren geplanten Unterbrechungen, kontinuierlich gemessen. Seit Juli 2023 befinden sich die Satelliten im sogenannten „Nadir Pointing Modus“. Dieser Modus erlaubt zwar weiterhin einen Betrieb des KBR-Instruments, aber nicht die für den Betrieb des LRI benötigte hochgenaue Ausrichtung der Satelliten zueinander. Größere Toleranzen für die relative Ausrichtung der Satelliten und eine einhergehende reduzierte Anzahl von Düsenaktivitäten des Lageregelungssystems sind aber für die optimale Auswertung der Beobachtungen der Beschleunigungsmesser bei nun ansteigender Sonnenaktivität erforderlich. Der Vorteil ist, dass sich dadurch der Treibstoffverbrauch verringert und die Lebensdauer der Mission verlängert wird. Das LRI ist jedoch weiterhin eingeschaltet und befindet sich im Diagnose-Modus.

Messgenauigkeit von Laser Ranging Interferometer und K-Band Ranging

Die Analyse der Messdaten beider Instrumente ergibt ein sehr ähnliches Bild des monatlichen Erdschwerefeldes, wie in Abb. 1 zu sehen ist. Die jeweiligen KBR- und LRI-Schwerefeldlösungen wurden zuvor gefiltert, um die durch zeitliche Unterabtastung bedingten dominanten Fehlerstrukturen zu reduzieren und die tatsächlichen Masseänderungssignale sichtbar zu machen. Beide Messeinheiten liefern demnach, zuverlässig und unabhängig voneinander, vergleichbare Schwerefelddaten, welche die kontinuierliche Beobachtung der Massenänderungen auf der Erde ermöglichen. Trotz der deutlich höheren Messgenauigkeit des LRI im Vergleich zum KBR-Instrument können, zumindest auf der Ebene des global räumlich aufgelösten Erdschwerefeldes, keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die typischen räumlichen Fehlerstrukturen entlang der Meridiane (Streifen in Nord-Süd Richtung) in den Schwerefeldlösungen sind gleichermaßen sichtbar, wenn auch hier in reduzierter Form aufgrund der nachträglichen Filterung. Diese Fehlermuster entstehen durch zeitliche Unterabtastung geophysikalischer Schwerefeldsignale aufgrund periodischer und nicht-periodischer Massenvariationen in Ozean und Atmosphäre. Diese sollten prinzipiell nicht in der finalen Schwerefeldlösung enthalten sein, da bei der Datenverarbeitung entsprechende Hintergrundmodelle eingesetzt werden, welche diese kurzwelligen Signale, die Perioden von nur wenigen Tagen oder gar Stunden besitzen, aus dem Zielsignal wegreduzieren sollen. Diese Modelle sind jedoch nicht fehlerfrei. Der Restfehler spiegelt sich in Form von zeitlicher Unterabtastung, z.B. durch besagte Streifenstrukturen, im aufgelösten Schwerefeld wieder. Diese zeitliche Unterabtastung ist, neben dem Fehler der Beschleunigungsmesser (Messeinheit zur Bestimmung der nicht-gravitativen Kräfte), der größte Fehlereinfluss in den Monatslösungen der Erdschwerefelder. Die höhere Messgenauigkeit des LRI wird durch diese Fehlereinflüsse dominiert und kann daher bei einem Einzelpaar wie GRACE-FO nur bedingt ausgeschöpft werden.

Vorteil des LRI bei geschätzten Schwerefeldkarten

Bei der genaueren Analyse der geschätzten Schwerefeldlösungen können jedoch auch signifikante Unterschiede zwischen KBR- und LRI-basierten Modellen festgestellt werden. In Abb. 2 werden die entsprechenden geschätzten Schwerefelder für Januar 2019 in Form von sphärisch-harmonischen Koeffizienten in Dreiecksform, getrennt für die Sinus- (S) und Cosinus-Koeffizienten (C) für alle Grade und Ordnungen bis 180 (entspricht etwa 111 km räumliche Auflösung), dargestellt. Dabei fällt auf, dass die Koeffizienten niedrigerer Ordnung in der LRI-Lösung besser geschätzt werden als diejenigen der KBR-Lösung. Dieses Phänomen verstärkt sich mit zunehmendem Grad. Der Vorteil des LRI gegenüber dem KBR liegt demnach hauptsächlich im Bereich der zonalen und nahen zonalen Koeffizienten, also denjenigen, die um die Ordnung 0 liegen. Diese Koeffizienten spiegeln Signale in den Polbereichen auf der Erde wieder, und man kann annehmen, dass die Fehleranteile in diesem Bereich durch die LRI-Messungen reduziert werden. Allerdings muss nochmals betont werden, dass diese Reduzierung in den finalen Schwerefeldmodellen einer Einzelpaarlösung kaum oder gar nicht sichtbar ist, da die Fehleranteile der oben beschriebenen zeitlichen Unterabtastung durch hochfrequente geophysikalische Signale dominieren. Es ist daher sinnvoll, neben weiteren Verbesserungen der Sensordatenanalyse auch die Entwicklung verbesserter Hintergrundmodelle der ozeanischen Gezeiten und der transienten Dynamik in Atmosphäre und Ozean weiter voranzutreiben. Die nachträgliche Bearbeitung der zeitvariablen, monatlichen Schwerefeldlösung mit digitalen Filtern führt zwar zu einer deutlichen Reduktion der Fehlerstrukturen, reduziert aber auch gleichzeitig die räumliche Auflösung und führt weiter in gewissen Teilen zum Verlust des Zielsignals, womit die hochfrequenten Signalanteile verloren gehen. Wie in Abb. 2 zu sehen ist, profitiert das LRI von einer höheren räumlichen Auflösung des zeitvariablen Monatsfeldes, z.B. bis Grad und Ordnung 180 anstatt der üblichen Ordnung 96 (entspricht in etwa einer räumlichen Auflösung von 208 km). Daher ist anzunehmen, dass im Falle des Beitrags zu hochauflösenden statischen (also über viele Jahre gemittelten) Schwerefeldern durch GRACE-FO die hohe Messgenauigkeit des LRI im hohen Frequenzbereich zu sichtbaren Verbesserungen führen kann. Diese Arbeiten stehen noch an, z.B. im Rahmen der Forschergruppe NEROGRAV.

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